Strainer: Was ist das und welcher ist der Richtige?
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Wahrscheinlich weiß jeder von uns, was ein Teesieb ist. Es hat in der Regel einen Stiel, damit man sich beim Abseihen des Tees nicht die Finger verbrennt. Vorn dann eine Kuhle mit einem feinmaschigen, netzartigen Gewebe, das zwar Flüssigkeit, aber eben keine festen Teile entlässt – immerhin wollen wir keine abgestorbenen Blättchen mehr in unserem feinen Darjeeling umherschwimmen sehen. So weit, so einfach.
Doch sobald man mit dem Cocktailmixen beginnt, heißt das Ding nicht mehr Teesieb, sondern Fine Strainer. Und dann gibt es noch Hawthorne und Julep Strainer, Single und Double Strain – einen Haufen Namen für ein paar Metallteile mit unterschiedlich großen Löchern darin. Und hier wird es kompliziert: Wann benötige ich was? Wo genau liegt der Unterschied? Und wie soll man sich das alles merken?
In diesem Artikel klären wir die wichtigsten Fragen und zeigen dir, welche Arten von Strainern es im Barbereich gibt und wie man sie einsetzt. Viel Spaß!
Strainen: Aber warum?
Seid ihr neu an der Bar und motiviert, wird bei euch wahrscheinlich schnell eines jener Barsets einziehen, die ihr auf eBay, Amazon und Co günstig einkaufen könnt. Zumeist enthalten sie alles, was man für den Einstieg ins Cocktailmixen benötigt: Einen Shaker, einen Barlöffel, ein Barmaß (auch Jigger genannt), einen Stößel bzw. Muddler und ein paar Strainer. Dummerweise gibt es drei verschiedene, deren Verwendung sich für den Barneuling vielleicht nicht von allein erschließt.
Stellt euch also vor, ihr kocht Nudeln. Möglichkeit A wäre es, den ganzen Topf inklusive Flüssigkeit auf den Teller eures Gastes zu kippen. Sinn ergibt das nur bei One-Pot-Gerichten, bei denen die Nudeln in der Soße gar werden. Ansonsten wäre es empfehlenswert, die Nudeln in einem Sieb abzufangen und die Flüssigkeit anderweitig zu verwerten.
Ähnlich verhält es sich bei Cocktails. Schüttelt ihr einen „One-Pot“-Cocktail mit viel Saft und viel Eis, dann ist es legitim, den ganzen Cocktail samt Eis in einem sogenannten „dirty dump“ ohne jedes Abseihen ins Gästeglas zu kippen. Das wäre etwa bei einem Sex on The Beach, einem Coconut Kiss oder einem San Francisco der Fall. Wollt ihr dagegen einen Whiskey Sour mit feiner Schaumkrone, einen klaren Manhattan oder eiskalten Daiquiri erzeugen, empfiehlt sich der Strain.
Das Strainen oder Abseihen dient dem „Absieben“ des Cocktails und soll das kaputte Eis aus dem Shaker, sowie etwaige Obststücke und Kräuterfetzen zurückhalten, um ein möglichst sauberes Ergebnis zu erzielen.
Nicht falsch verstehen: Manche Bartender mögen es, wenn Eischips oder Fruchtstücke im Glas treiben. Andere nicht. Als Grundregel gilt: Alles, was ganz ohne (also straight-up) oder auf frischem Eis serviert wird und Kräuter, Obst oder Zitrussaft enthält, benötigt mindestens einen Single, besser aber einen Double Strain. Bei Drinks, die nur aus Spirituosen bestehen und gerührt werden, reicht in der Regel der Single Strain mit dem Julep.
Fein, feiner, am feinsten: Julep, Hawthorne, Double
Wenn euch an dieser Stelle der Kopf raucht, seid ihr auf dem richtigen Weg. Gehen wir die verschiedenen Arten von Strainern also durch: Der Julep Strainer ist das älteste Barsieb und sieht aus wie ein großer, unförmiger Löffel mit Löchern darin. Er wird in erster Linie verwendet, um klare Drinks wie den Negroni, den Gimlet oder den Manhattan aus dem Rührglas abzuseihen, kann aber auch dazu dienen, einen Drink zu „werfen“. Also von der einen Hälfte des Shakers in die andere zu kippen. Der Julep Strainer hält dabei das Eis in einer der Shakerhälften zurück und bündelt die vorhandene Flüssigkeit zu einem Strahl, der sich weit besser kontrollieren lässt als ein Drink im freien Fall.
Um Feststoffe oder die kleinen Eissplitter, die sich beim Shaken eines Cocktails ergeben, zurückzuhalten, ist der Julep aber ungeeignet: Er ist einfach zu grob. Nun kommt der Hawthorne-Strainer ins Spiel. Benannt nach einer längst vergessenen Bar in Boston dient dieses Ding dazu, auch feinere Teile aus eurem Cocktail zu filtern. Er mag auf den ersten Blick aussehen wie der Julep Strainer, ist aber nicht gebogen, sondern glatt. Außerdem hat er außen ein paar „Ohren“, die dazu dienen, ihn auf dem Shaker zu halten, und innen eine fein oder grob gewundene Spirale, die Kräuterfetzen, Eis und Obstreste auffängt.
Der Hawthorne Strainer ist ein Universalwerkzeug, das ihr für so ziemlich jeden Drink verwenden könnt und das notfalls auch den Julep Strainer ersetzt. Tricky wird es erst, wenn euer Rezept nach einem Double oder Fine Strain verlangt: Hier nämlich kommt das Teesieb ins Spiel.
Da der Hawthorne Strainer nicht ausreicht, um feine Partikel wie die genannten Eissplitter und Kräuterreste aus dem fertigen Cocktail zu filtern, empfiehlt es sich bei der fortgeschrittenen Arbeit stets, euer Ergebnis doppelt, also mit Hawthorne in der einen und Teesieb in der anderen Hand abzuseihen. Das sieht nicht nur cool aus und lässt euch professionell wirken, es macht auch eure Drinks edler und sorgt bei der Arbeit mit Eiweiß(ersatz) für einen feinporigen Schaum.
Doppelt hält besser: persönliche Meinung und Fazit
Ich habe es oben schonmal erwähnt: Manche Bartender mögen Eissplitter in ihrem Drink, wie den Crunch auf dem Müsli. Das ist vollkommen fein. Der Standard aber bewegt sich dahin, geschüttelte Drinks auf jeden Fall doppelt abzuseihen, außer sie enthalten (wie obig erwähnt) hauptsächlich Saft oder werden ohnehin auf Crushed Ice serviert (das wäre zum Beispiel bei einem Mai Tai der Fall).
Wie ihr letzten Endes arbeiten wollt, bleibt natürlich euch selbst überlassen. Manche Barkeeper schaffen zwei Double Strains gleichzeitig, indem sie sich das Teesieb und den Hawthorne-Strainer zwischen die Finger einer Hand klemmen, andere experimentieren mit klarifizierten Säften, um sich das lästige Schütteln und Sieben im Abendgeschäft ganz zu sparen.
Und ein kleiner (vielleicht veralteter) Tipp am Rande: Die Spirale des Hawthorne Strainers lässt sich herausnehmen. Mit diesem Wissen könnt ihr sie nach dem nächsten Gin Basil Smash nicht nur besser spülen, sondern auch mit in den Shaker geben, wenn ihr Sahne (halb)steif schlagen müsst: Für einen Irish Coffee oder White Russian zum Beispiel.